Diagnose & Diagnosekriterien ME/CFS

Hier finden Sie allgemeine Informationen zur Diagnose und verschiedene Diagnosekriterien: Kanadische Kriterien, gekürzte Kanadische Kriterien laut Charité Berlin (deutsch), Diagnosekriterien nach dem Institute of Medicine (IOM) 2015 und die Internationalen Konsenskriterien (ICC 2011)

1. Diagnose

Nicht selten ist der Weg bis zur richtigen Diagnose lange und zermürbend. Leider kommt es aufgrund von fehlendem Wissen über die Krankheit oft zu Fehldiagnosen und folglich zu falschen Behandlungen, die schädigend sein können. Es empfiehlt sich deshalb für Betroffene, eine/n ÄrztIn mit Erfahrung und Wissen über ME/CFS aufzusuchen.

Zurzeit gibt es noch keine einzelnen Labor- oder apparativen Untersuchungen, mit denen die Diagnose ME/CFS eindeutig gestellt werden kann. Deswegen sind eine genaue Betrachtung der Krankengeschichte, der Symptome und eine umfangreiche Ausschlussdiagnostik anderer Erkrankungen (z.B. Anämie, Tumore, Schilddrüsenstörungen, Herzerkrankungen, MS, Infektionen usw.) wichtig. Meist sind dafür mehrere Arztbesuche und Untersuchungen notwendig.12,56

ME/CFS-PatientInnen berichten fast ausschließlich, dass sie gerne aktiv wären, es ihnen aber nicht möglich ist (“Ich will, aber ich kann nicht”). Eine Antriebsschwäche, wie bei einer Depression, ist sehr selten.

Laut dem in Österreich zur Anwendung kommenden ICD 10 BMASGK 20207 wird ME/CFS unter G93.3 als neurologische Erkrankung geführt.

2. Diagnosekriterien

2.1 Kanadische Kriterien zur Diagnose von ME/CFS

Zur Diagnose von ME/CFS müssen Symptome aus folgenden Kategorien jeweils komplett oder teilweise zutreffen:

  • Erschöpfung/Fatigue und Zustandsverschlechterung nach Belastung
  • Schlafstörungen
  • Schmerzen
  • Neurologische bzw kognitive Einschränkungen
  • Autonome Manifestationen
  • Neuroendokrine Störungen
  • Immunologische Störungen

Die Erkrankung muss seit mindestens 6 Monaten bestehen.

⇨ Gekürzte Kriterien laut Charité Berlin: Kanadische Kriterien für die Diagnose CFS/ME

2.2 Diagnosekriterien nach Institute of Medicine (IOM) 2015

1. Eine erhebliche Reduktion oder Beeinträchtigung bei der Ausübung von Beruf, Bildung, sozialen oder persönlichen Aktivitäten:

  • die mehr als 6 Monate anhält und von (oft stark ausgeprägter) Erschöpfung begleitet ist
  • die einen eindeutigen Beginn aufweist (nicht von Geburt an existiert)
  • die nicht das Resultat von fortwährender starker Belastung oder Anstrengung ist
  • die sich durch Schonung und Ausruhen nicht erheblich lindern lässt

2. Zustandsverschlechterung nach Anstrengung (Post-Exertional-Malaise, PEM)*

3. Nicht erholsamer Schlaf*

Des Weiteren muss mindestens eine der folgenden Beschwerden vorliegen: Kognitive Beeinträchtigung oder Orthostatische Intoleranz.

*Häufigkeit und Schweregrad der Symptome sollte festgestellt werden. Die Diagnose ME/CFS (SEID) sollte hinterfragt werden, wenn PatientInnen diese Symptome mindestens die Hälfte der Zeit nicht mit moderater, bedeutender oder schwerer Intensität aufweisen.

Vollständige Kriterien nach IOM (2015) und Anmerkungen können im Clinician’s Guide auf Englisch eingesehen werden.

2.3 Internationale Konsenskriterien (ICC 2011)

Hauptsymptome sind „schwere, neu aufgetretene Fatigue“ und „schnelle körperliche und/oder kognitive Erschöpfbarkeit als Reaktion auf Anstrengung (kann auch minimal sein)“. Weiters müssen laut diesem Kriterienkatalog mindestens weitere 7 Symptome vorliegen, die in folgende Gruppen unterteilt sind:

  • Neurologische Beeinträchtigungen, wie z.B. Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, Kopf- und Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Bewegungsstörungen.
  • Immunologische, gastrointestinale oder urogenitale Beeinträchtigungen, wie z.B. grippeähnliche Symptome, erhöhte Infektanfälligkeit, Reizdarm, Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln, Überempfindlichkeit auf Medikamente, Gerüche, Geräusche.
  • Beeinträchtigungen der Energieproduktion bzw. des Energietransports, wie z.B. Probleme beim Stehen (orthostatische Dysregulation), Atemstörungen, Unverträglichkeit gegenüber Temperaturextremen.

Die vollständigen Diagnosekriterien laut ICC sind umfangreicher und können auf Englisch (ab Seite 7) und als Auszug aus dem International Consensus Primer auf Deutsch eingesehen werden.

Weitere verwendete Kriterien sind die Fukuda Kriterien (1994). 

Kurzfassung zu Diagnose- und Behandlungsempfehlung der U.S. ME/CFS Clinician Coalition, einer Gruppe von erfahrenen ME/CFS ÄrztInnen: Diagnose und Behandlung ME/CFS